Provisionsabgabeverbot und Tippgeber
Es gibt unglaublich viele Gesetze. Verlage leben davon, Nachschlagewerke für Juristen herauszugeben und die aktuellsten Gesetzesänderungen immer wieder bereitzustellen. Der Gedanke dahinter ist immer derselbe. Unser Zusammenleben soll geregelt sein. Wie alles in der Politik sind solche Gesetze aber oft das Ergebnis eines Kompromisses. Andere Gesetze sind schlichtweg veraltet und nicht mehr zeitgemäß. So hat Hessen erst vor einem Monat, konkret am 28.10.2018 die Todesstrafe aus der Landesverfassung gestrichen. Andere Gesetze, wie etwa das Provisionsabgabeverbot sind aktuell aber noch in Kraft.
Versicherungsvermittlung
Bis er 2009 in Rente ging war Hr. Kaiser im Werbefernsehen regelmäßig zu sehen. Seit 1972 hat er dort Kunden beraten und für eine Versicherungsgesellschaft geworben. Viele Deutsche kennen einen solchen Hr. Kaiser, auch wenn er in den seltensten Fällen auch so heißt. Der Vertrieb von Versicherungen ist seit jeher anders, als andere Produkte. Möchte man eine Versicherung abschließen, dann geht man nicht in den Versicherungsladen und holt sich eine. Stattdessen kontaktiert man seinen Versicherungsvermittler. Dabei gibt es einerseits Mitarbeiter einer Versicherung, die die Produkte des eigenen Unternehmens vertreiben und andererseits Vermittler, die verschiedene Produkte anbieten. Der Berater, oder die Beraterin kommen vorbei und man unterschreibt daheim am Küchentisch den Vertrag.
Provisionen
Schließt man eine Versicherung ab, dann bezahlt die Versicherungsgesellschaft eine Provision. Davon leben die Vermittler und auch die Angestellten erhalten Provisionen. Für eine bestimmte Laufzeit wird ein Teil der Prämien als Provision ausgeschüttet, oder es wird direkt beim Abschluss, bzw. nach einer entsprechenden Frist, ein einmaliger Betrag ausgeschüttet. Als selbstständige Unternehmer kann ein Versicherungsmakler grundsätzlich selbst entscheiden, wie er sein Unternehmen führt. Dazu gehört allerdings nicht die Preisgestaltung. Die Kosten der Versicherung sind fix und können vom Makler nicht beeinflusst werden. Er kann die verschiedenen Varianten selbst berechnen, oder von der Versicherungsgesellschaft berechnen lassen. Diesen Preis kann er dem Kunden anbieten. Unterschreibt der Kunde, dann erhält der Makler eine Provision.
Das Provisionsabgabeverbot
Da es etliche Makler gibt, die verschiedenste Produkte der unterschiedlichen Versicherungen vertreiben, ist die Konkurrenz groß. Will der Makler dem Kunden einen Anreiz schaffen, die Versicherung bei ihm abzuschließen, dann könnte er nur auf einen Teil seiner Provision verzichten und sie dem Kunden weitergeben. Dummerweise ist das in Deutschland verboten. Im VAG, den Versicherungsaufsichtsgesetz, findet sich nämlich unter §48 ein Sondervergütungs- und Provisionsabgabeverbot. Demnach darf der Makler dem Kunden einen Kugelschreiber, oder ein ähnlich geringwertiges Geschenk machen. Maximal 15€ darf er in ein Kundengeschenk investieren, sonst drohen ihm hohe Strafen. Dieses Gesetzt engt den Spielraum der Versicherungen massiv ein.
Tippgeber
Nicht zuletzt verhindert das Provisionsabgabeverbot, dass der Konsument einen finanziellen Anreiz erhält, die Versicherung abzuschließen. Das hemmt den Wettbewerb zwischen den Maklern, nimmt ihnen aber auch die Möglichkeit, ihren Kunden Geld zurückzuzahlen. Allerdings gibt es auch Unternehmer, die hier eine Lücke gefunden haben. Sie arbeiten mit dem Tippgebermodell. Diese Experten für Kinderkrankenversicherungen zahlen als Eltern-Cashback 4 Monatsraten aus, wenn sie eine Versicherung abschließen. Dafür deklarieren sie einen Elternteil einfach als Tippgeber. Eine Rolle, die in der Versicherungsbranche nicht ungewöhnlich ist. Schon heute nutzen Versicherungsgesellschaften private Tippgeber, die mögliche Interessenten für eine Versicherung melden. Kommt es zum Abschluss, dann erhält auch der Tippgeber eine Provision. Damit ist es möglich das Provisionsabgabeverbot zu umgehen und dem Versicherungsnehmer eine Teil der Provision ganz legal weiterzugeben.
Veralteter Verbraucherschutz
Das Verbot der Provisionsabgabe basiert auf Gesetze aus dem Jahr 1923. Der ursprüngliche Gedanke war es, die Kunden gleich zu behandeln. Keiner sollte für eine Versicherung mehr bezahlen müssen, als ein anderer. Außerdem gab es die Befürchtung, dass die Provisionen nach und nach in die Versicherungen eingerechnet werden würden. Also das, was man beim Abschluss spart, ohnehin später wieder bezahlt werden müsste. Beide Gedanken sind grundsätzlich nicht falsch.
Freie Marktwirtschaft
Allerdings widersprechen sie auf der einen Seite den Prinzipien der freien Marktwirtschaft und sind auf der anderen Seite eine Besonderheit, die es nur bei den Versicherungen gibt. In Zeiten von Payback, Treuepunkten und Rabatten verschiedenster Art sind die Konsumenten heute nicht nur daran gewöhnt, Kaufanreize zu bekommen. Wer heute kauft, der weiß, dass ein Vergleich sich fast immer auszahlt. Damit ergibt sich ganz natürlich, dass die Preisgestaltung bei den Anbietern darauf abgestimmt ist. Der Verbraucher ist heute durchaus in der Lage, sich einen Überblick über den Markt zu verschaffen. Der Mechanismus klappt in den verschiedensten Branchen ganz ohne staatliche Regulierung. Das Provisionsabgabegesetz scheint also nicht mehr zeitgemäß und es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis es außer Kraft gesetzt wird.
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